Eine sehr grosse Barthel, zu der Vorgeschichte schrieb mir der Vorbesitzer ein zwei Sätze:
Mein Name ist Claus-Heiner Ohmstedt, geb 1951 in Bremerhaven und
aufgewachsen (vom 1. bis 8. Lebensjahr) auf der Schiffdorfer Schleuse.
Dieses Wasserbauwerk gehört zum Ort Schiffdorf und ist östlich von
Bremerhaven gelegen. Es diente von 1876 bis 1965 zur Entwässerung und
Sturmflutabwehr der Geesteniederung. Mein Großvater mütterlicherseits (Claus
Meyn, 1889 - 1973) war auf dieser Schleuse von 1921 bis 1965 vom
Wasserverband Geesteniederung als Schlesenmeister angestellt. Ein harter Job
- 365 Tage - 24 Stunden - bei jedem Wind und Wetter im Dienst. Alle 6
Stunden (je nach Tide) die Schleusentore entweder von Hand aufdrehen oder
schliessen und das mit einem täglichen Versatz von einer Stunde. Als
Schleusenmeister hat man keinen Sonntag, keinen Alltag, keinen Feiertag -
die Tide bestimmt den Lebensrythmus. Urlaub??? Was war Urlaub??? Dazu kam
eine äußerst magere Bezahlung, obwohl die Verantwortung sehr hoch war: durch
einen Fehler wären tausende Hektar Land überspült worden, Menschenleben
wären in Gefahr gewesen und die Sachschäden an Gebäuden und Tieren hätte man
kaum beziffern können. Um von der mageren Bezahlung ab zu lenken, erbaute
man seinerzeit an den Schleusenmeistergehöften eine Gastwirtschaft und
kleine landwirtschaftliche Gebäude an um den Angestellten die Möglichkeit
zum Nebenerwerb zu geben. 1947, gerade aus der Kriegsgefangenschaft
entlassen, lernte mein Vater (Helmut Ohmstedt, 1927 - 2011) des
Schleusenmeisters Tochter (Meta, 1923 - 2005) kennen und lieben. Beide
heirateten 1949 und mein Vater zog auf der Schiffdorfer Schleuse mit ein. Er
wurde als "Schleusenknecht" (tatsächliche Dienstbezeichnung) eingestellt.
Mein Großvater und Vater bewirtschafteten die Schleuse, die kleine
Landwrtschaft und den Gastronomiebetrieb gemeinsam. Die Jahre von 1949 bis
1957 waren die Lehrjahre meines Vaters, in denen er in die gesamte
Problematik von Entwässerungs- und Melorationsmaßnahmen eingeführt wurde.
Dazu gehörte auch die Wartung der Schleusenanlagen, u.a. auch die Enteisung
der Tore zur Winterzeit. In der Wasserwechselzone bildete sich Eis an den
Schleusentoren und deren Aufhängungen, das den Schließ- und Öffnungsvorgang
sehr stark beinträchtigte. Zur Beseitigung des Eises wurde die Lötlampe
vorgeheizt, an einer langen Holzstange befestigt und mit vereinten Kräften
an die Toraufhängungen herangeführt. Abschließend mussten noch die Torhölzer
enteist werden damit sich die Tore glatt schließen ließen. In kalten Wintern
musste diese Prozedur mehrmals täglich wiederholt werden. - Die Lötlampe hat
im Laufe ihrer "Dienstzeit" harte Zeiten mitgemacht.
1957 wurde mein Vater Schleusenmeister an der Entwässerungsschleuse "Neues
Lunesiel" im Süden Bremerhavens und die Lötlampe kam mit, da die
Schiffdorfer Schleuse ihren Entwässerungsauftrag verloren hatte und nur noch
zur Sturmflutabwehr genutzt wurde. Auch am neuen Standort musste die
Lötlampe in den Wintermonaten die Enteisung der Toraufhängungen
bewerkstelligen. Mitte der 70er wurde sie durch speziell angefertigte
Propangasbrenner abgelöst und nur noch als Dekostück im Wohnzimmerregal
aufbewahrt. - Eine Lötlampe, die über Jahrzehnte, mit ihren gefährlich
fauchenden Flammen, einen unverzichtbaren Dienst für das Funktionieren von
Entwässerungsschleusen getan hat.
Mai 2012, Claus-Heiner Ohmstedt